Tourenbericht Via delle Bocchette 2017

Unser Tourstart war am Samstag, den 12.08.2017. Der Treffpunkt der Gruppe war um drei Uhr der Rastplatz Herford, an der A2. In Fahrgemeinschaften ging es, mit dem Tourenleiter Dirk Kahmann und den Teilnehmern: Jörg Rohlfing, Raphael Forth, Beate Forth und Thomas Heine-Forth, in Richtung Süden. Wir fuhren über den Fernpass, mit einem Abstecher zur Moser Speckalm, zum Zielort Madonna di Campiglio. Dort angekommen wurde glücklicher Weise ein Material-Check durchgeführt und für Beates “Berg-Pom's“ noch die richtigen Steigeisen gefunden. Wir fuhren mit der Grostè Express Bergbahn bis zur Mittelstation und wanderten noch eine halbe Stunde zum Refugio Giorgio Graffer (2261 m), unserer ersten Herberge. Auf die Anstrengung gab es erst einmal einen kräftigen Schluck aus dem mit Marillen Schnaps gefülltem Flachmann. Mit einem herrlichen Blick auf das Panorama der Brentagipfel, gab Dirk uns die ersten Informationen zu der morgigen Etappe. Wir bezogen unser reserviertes kleines Fünfbettzimmer und freuten uns auf das Abendessen im Speisesaal. Dort herrschte ein Lärmpegel, wie wenn ein Kilometer langer Güterzug mit defekten Laufrädern durch das Wohnzimmer rollt. Gefühlte 107dB, willkommen in Italien!

 

Der erste Tourtag des Bocchette-Wegs, Sentiero Alfredo Benini, führte uns von der Graffer Hütte über den Pass, entlang den sonnigen Ostwänden des Cima Grostè und des Cima Falkner zum Rifugio Tuckett (2272 m). Auf den Weg zur Tuckett-Hütte machte ein Gruppenteil am Fuß des Cima Falkner eine Rast, während Dirk, Raphael und Thomas sich noch den Gipfel des 2988m hohen Cima Falkner erkletterten. Als Abstiegsvariante wählten wir den Steig Sentiero Orsi, der sich im Schlussteil, durch den Gletscherschwund, als nicht begehbar heraus stellte, so mussten wir uns von einem Band ca. 20 Meter abseilen. Das letzte Wegstück führte uns dann unspektakulär zum Rifugio Tuckett.

Nach einer kurzen Nacht stand am Morgen des zweiten Tages der Sentiero delle Bocchette Alte auf dem Programm. Dieser Weg führte uns am Rand des Gletschers hinauf zur Tuckett Scharte. In der Scharte angekommen ging es gleich weiter zum Klettersteig. In Ruhe genossen wir nun den traumhaften Steig entlang der Ostflanke des Cima Brenta, über diverse Grate, zu dem höchsten Punkt (über 3000m) der Tour. Mit dem nötigen Maß an Bergerfahrung kletterten wir schwierige Passagen, eine größere Anzahl kürzerer Auf- und Abschwünge und querten Felsrinnen. Auf 3020 m Höhe legten wir eine kleine Rast ein. Da alle Teilnehmer über die nötige Ausbildung und Erfahrung verfügten, um sich auf dieses Abenteuer einzulassen, erlebten wir spektakuläre Inpressionen der urtümlichen Felsszenerie der Brenta. Via dem schwierig eingestuften Sentiero Oliva Detassis (K4/C-D) führte uns der Weg die steile Westwand des Spallone dei Massodi hinunter zum oberen Brenta Gletscher. Der in der Felswand beherbergte sportliche Klettersteig führt mit Hilfe von 300 auf mehrere Leitern verteilte Sprossen hinab zum Rifugio Alimonta (2272m).

 

Der folgende dritte Tag führte uns über den Sentiero della Bocchette Centrali. Von Startpunkt, der Alimonta Hütte, ging es nach einem kurzen Wegstück zum Sfulmina-Gletscher. Diese Gletscherpassage verlangte den Einsatz unserer Steigeisen. Hier und an zwei weiteren aperen Gletschern waren die Eisen genau richtig und jeder wusste nun, warum wir sie mitgeschleppt hatten. Schnell schnallten wir unsere Eisen am Ende des Gletschers wieder ab und eilten zum Einstieg in den Steig, denn es hieß eine größere Gruppe amerikanische Bergwanderer mit Bergführer abzuhängen.

Nun führte uns unsere Etappe auf schmalen Bändern, bei fast gleich bleibender Höhe, über den beeindruckensten Klettersteig des Bocchette Weges. Er zeigt die Brenta mit all ihrer majestätischen Schönheit, unter anderem die Campanile Basso, oder auch Guglia (italienisch Nadel).

Der mäßig schwere Weg genehmigte uns viele Möglichkeiten die herrlichen Impressionen der Landschaft und die über tausend Meter senkrecht abstürzende Ostflanke der Sfulmimi-Türme zu bestaunen. Nach nicht einmal vier Stunden Gehzeit erreichten wir das Rifugio Tosa Tomaso Pedrotti (2483m). Als Nachmittagsprogramm war “Chillen“ wie auch aktive Erholung angesagt. Dirk wiederholte die Tagesetappe als Training für die anstehende Weiterbildung. Thomas vergnügte sich als Scout und erkundete den Einstieg für die morgige Tagesetappe und Raphael, Jörg und Beate genossen die Sonnenstrahlen. Den Abend gestalteten wir mit einer lockeren Runde Uno.

 

Die fünfte und letzte Etappe der Brentaquerung, der Sentiero Brentari und Sentiero dell’ Ideale, führte uns zuerst durch leichtes Gehgelände zum Ambiez Gletscher. Diese Querung hatte es noch mal in sich und verlangte höchsten Krafteinsatz von uns. Der Klettersteig führte direkt an die Randkluft. Hier angekommen konnten wir nur in Etappen die Steigeisen anlegen. Immer zwei Teilnehmen sicherten sich am letzen Sicherungspunkt und halfen sich gegenseitig beim Anlegen der Eisen. Alle Anderen verharrten auf ihrem schmalen Standplatz oder Trittklammer, gesichert per Bandschlinge, in der steilen Wand. Paarweise überquerten schließlich alle den spaltenfreien, aperen aber steilen Gletscher, um auf der gegenüberliegenden Scharte direkt wieder in den Klettersteig einzusteigen. An dieser Passage mussten die nach uns kommenden Seilschaften ihre Route ändern, denn die Querung war ohne Steigeisen nicht möglich. Der gegenüberliegende Steig war schnell durchklettert und führte uns zum nächsten Gletscher. Wir folgten ihm leider erst bis zum unteren Rand. Keiner hatte die richtige Wegmarkierung gefunden. Schade, denn durch diesen kleinen Umweg überraschte uns ein heftiges Gewitter mitten auf dem Gletscher. Wir erreichten noch mit dem ersten Donner einen sicheren Standplatz und mussten dort ca. 30 Minuten in unserer Regenkleidung im Gewitterhagel ausharren. Durchgefroren durchstiegen wir die letzte Scharte und gingen über die Muränen zum Rifugio ai 12 Apostoli (2489m). Das Wetter wurde schnell wieder schön, so dass wir unsere Kleidung noch in der Sonne trocknen konnten. In dem großen Felskessel vor der Hütte konnten wir, mit den letzten Strahlen der warmen Abendsonne, noch Steinböcke beobachten.

Am Morgen unseres Abstiegstages gab es leider ein nicht so schönes Ereignis. Montezumas Rache hatte zugeschlagen und ein Teilnehmer hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Es wurde eine leichtere Variante als Abstieg ins Tal gewählt. Wir gingen auf kürzestem Weg zur Mittelstation der Funivie Pinzolo Bergbahn, die uns in die Ortschaft Pinzolo brachte. Dort mussten wir leider noch lange auf den nächsten Bus nach Madonna warten um zu den Autos zurück zu kommen. Nach dem wir uns verabschiedet hatten, ging es gleich für Dirk weiter zur zweiten Klettersteigtour für die Sektion. Im Ötztal warteten schon die Teilnehmer des Einsteigerkurses auf ihn. Jörg trat die Heimreise per Nachtzug an und Raphael,Thomas und Beate reisten weiter an den Gardasee. Der Dank aller Teilnehmer gilt unserm Leader Dirk Kahmann für die ausgezeichnete Führung durch die Brenta. Es war eine super tolle Tour.

 

Thomas und Dirk