Tourenbericht Hochtourenwoche Bernina/Ötztal 2017

Wie in den vergangenen Jahren hat Klaus auch in diesem Jahr wieder eine Hochtouren-Woche organisiert. Die wunderschöne Bernina war dieses Jahr das Ziel, rufen dort mit dem Piz Bernina, nicht nur ein ernst zu nehmender 4000er, sondern mit dem Piz Palü auch einer der vielleicht schönsten Berge der Alpen.

 

Bei der Durchführung wurde Klaus von Markus unterstützt. Neben Beate, Thomas, Eva und Medi war dieses Jahr mit mir, dem neuen C Mitglied Frederik , wieder ein „Gast“ der Kölner Sektion mit am Start.

Am 23.07.2017 trafen wir uns um die Mittagszeit am Parkplatz der Station Morteratsch, um von dort den schönen, ca. 2 stündigen Anstieg zur Bovalhütte in Angriff zu nehmen. Bei bestem Wetter und gut gelaunt waren der Weg und die 600 m Höhendifferenz zügig geschafft. Die Mühen wurden mit herrlichen Ausblicken auf die schon genannten Berge, den Morteratsch Ferner, den Piz Morteratsch und den berühmten Bianco Grat belohnt. Nachdem wir unser Lager bezogen hatten, wurden erst mal Pläne geschmiedet und für das leibliche Wohl gesorgt.

Da die Wetteraussichten für den nächsten Tag keine Bergtour zuließen, entschieden wir uns für einen Übungstag auf dem Morteratsch Gletscher. Nach einem ausgiebigen Frühstück erreichten wir nach ca. 45 min. den Ferner über die Ufermoräne und standen kaum auf dem Eis, als die Wolken Ernst machten. 

Als hartgesottene Bergsteiger blieben wir natürlich auf dem Gletscher und übten während des Durchzugs der Kaltfront das gehen mit den Steigeisen, das setzten von Eisschrauben und das Bohren und Einrichten von Ablakov-Eissanduhren und testeten nebenbei die Dichtigkeit unserer Kleidung. Irgendwann wurde es dann bei 7°C doch ungemütlich und wir zogen uns auf die Hütte zurück. Da es auf der Boval-Hütte keinen Trockenraum gibt, galt es nun mit viel Improvisationsvermögen die Klamotten wieder trocken zu bekommen. Nachmittags standen dann wieder Übungen an und wir lernten verschieden Formen der Selbstrettung unter Verwendung von verschiedenen Steigklemmen, Gardaknoten und Klemmknoten mittels Prusik durch. Leider nahmen an diesen Übungen nicht alle Teilnehmer teil, was sich später noch bemerkbar machen sollte.

Am nächsten Tag stand dann endlich die erste Bergfahrt an. Bei 0°C und leichtem Schneefall starteten wir morgens um 05:00 zum Piz Morteratsch.

Nach anfangs unschwierigem Gras- und Blockgelände kamen wir zügig zu den ersten zu überkletternden Platten und Steilstufen. Ab hier erstiegen wir gesichert per Multiweiche die teils ausgesetzten Stellen im Zugang zur Furcola Boval.

Nach kurzer Pause legten wir die Gletscherausrüstung an und setzten den Weg als Seilschaft über den Tschiervagletscher fort. Außer den eleganten Linien, denen der Aufstieg folgt war auf Grund der niedrig stehenden Wolken und des Schnees zwar nicht viel zu sehen, dennoch ließ sich erkennen, wie schön die Route auf den Gipfel ist.

Den größten Teil des Aufstieges gingen wir seilfrei, um in dem ausgesetzten Gelände Mitreißunfälle zu vermeiden. Nach ca. 6 Stunden standen wir dann endlich glücklich und zufrieden auf dem Gipfel. Durch starken Wind und weiter gefallene Temperaturen, herrschte am Gipfel eine recht unwirtliche Atmosphäre, welche uns aber nicht von der verdienten Gipfelrast abhalten konnte.

Zur Belohnung riss dann auch kurz die Wolkendecke auf, so dass wir doch den ein oder anderen Tiefblick des großartigen Panoramas erhaschen konnten. Im Abstieg nahm der Schneefall dann noch mal leicht zu, noch ahnten wir nicht, welche erheblichen Auswirkungen das auf die Planungen der Folgetage haben würde.

Dem Aufstiegsweg folgend stiegen wir auch wieder ab, überwanden die kritischen Stellen im Fels nun aber durch abseilen. Gegen 17:00 Uhr waren wir dann wieder zufrieden und um einen Gipfelerfolg reicher wieder auf der Hütte.

Aufgrund des Gletscherrückzuges entschieden wir uns am folgenden Tag zur Diavolezza Hütte aufzusteigen, um von dort den Piz Palü zu überschreiten. Mit einer wenig schwierigen, wenn auch anstrengenden Überschreitung des Morteratsch Gletschers und des Persgletschers kamen wir dann über die nicht zu unterschätzende Ufermoräne zum Steig auf die Diavolezza. Auch wenn das Personal nett und das Lager schön waren, fällt es schwer diese „Station“ mit dem Charme einer Autobahnraststätte schön zu finden. Entschädigt wird man jedoch mit einem Atemberaubenden Ausblick auf den Piz Palü und seien Nebengipfel, sowie durch das tolle Essen und ein sehr umfangreiches Frühstück. Wie schon erwähnt, sollten uns die Wetterbedingungen der Vortage jedoch noch einen gehörigen Strich durch unsere Pläne machen. Im Gespräch mit anderen Bergsteigern stellte sich leider heraus, das im Zustieg und auf dem Ost Grat so viel Neuschnee lag, das verschieden Seilschaften am Vortag umgekehrt waren und eine Besteigung als sehr Risikoreich eingestuft werden musste. Nach langer Diskussion und Abwägung aller subjektiven und objektiven Risiken entschied Klaus dann, dass wir unsere Tourenplanung verwerfen mussten und die Bernina bei diesen Verhältnissen auch kein weiteres Ziel für uns bot. Um dennoch das beste aus der Woche zu machen entschieden wir uns zu einer Verlegung in die Ötztaler Alpen, wo wir uns trotz Neuschnee jedoch bessere Bedingungen erhofften.

Nach kurzer Autofahrt stiegen wir dann am Donnerstag im schönen Kaunertal erneut zu den Gletschern der Ostalpen auf, auch hier blieb uns unser Glück mit dem Wetter treu und schon bald regnete es wieder.

Schon nach kurzem Aufstieg erreichten wir die Zunge des Gepatschferners, über welchen wir dann bis unter die Eisbrüche aufstiegen. Da dieser unterhalb der Eisbrüche vollkommen aper ist, konnten wir auch hier auf das anseilen verzichten und kam zügig zu dem Steig, der die letzten Höhenmeter bis zur wunderbaren und ehrenamtlich geführten Rauhekopfhütte aufsteigen.

Kurz darauf öffnete sich dann der der Blick auf den Gepatschferner, durch die Neuschneeauflage und die tief hängenden Wolken ein weißes Meer das im nichts verschwindet. Da wir durch die Hüttenwirte bezüglich der schwierigen Routenführung im Neuschnee und der schlechten Sichtverhältnisse bereits vorgewarnt waren, stiegen wir nun als Seilschaft weiter.

Schnell mussten wir feststellen, dass die Schneedecke nicht zuverlässig trug und die Routenführung äußerst heikel war. Auch wenn die Spalten nicht besonders breit waren, hielten die vielen kleinen Rutscher und Einbrüche die Anspannung bei allen Beteiligten hoch. Eine knappe Stunde vor der Hütte, zum Glück hatte es inzwischen aufgehört zu regnen, kam es dann aber doch noch zu einem eher unspektakulären Spaltensturz, welcher uns aber trotzdem einige Zeit abverlangte. Alles in allem waren wir dadurch erst nach 8h Gehzeit auf dem Brandenburger Haus. Angesichts des miserablen Wetters, der Kälte und der nervlichen Anspannung war hier die Leistungsfähigkeit des einen oder anderen deutlich überschritten.

Aber auch an diesem Tag folgte der Strapaze die Freude, da wir vom neuen Wirt des Brandenburger Hauses, Albrecht Jetter, seiner Hilfe Anna und seiner Husky Hündin „Anuk“, herzlich Empfangen und bestens versorgt wurden.

Seinem Rhythmus treu bleibend spendierte uns das Wetter nun wieder einen guten Tag, um einen weiteren Gipfel in Angriff zu nehmen und wir konnten gut ausgeruht zum Fluchtkogel aufbrechen. Als kleines Highlight durfte uns Anuk in unserer Seilschaft begleiten und wir gelangten in den vorhandenen Spuren ohne Probleme auf den Gipfel.

Der Nachmittag stand dann schon wieder im Zeichen der Abstiegsplanungen, da ein Teil der Gruppe über den kürzeren und sichereren Weg Richtung Vent absteigen sollte. Nach einer kurzen Erkundungstour standen wir schon vor der nächsten Herausforderung. Albrecht brauchte Hilfe, da seine Crew noch nicht vollständig war. So kümmerten wir uns um Getränke, den Spül, die Verteilung der Essen und führten den Hund noch mal aus.

Insbesondere Thomas war hier der "Held des Tages" und wurde ganz informell Ehrenmitglied der Berliner Sektion. Der Abend wurde noch lang, da wir uns mit Albrecht noch lange bei der ein oder anderen Weinflasche über Gott und die Welt unterhielten. Erst als die Uhr unerbittlich auf Mitternacht zu tickte gingen wir müde aber bestens gelaunt schlafen.

Am Samstag machten wir uns dann, noch gezeichnet von der langen Nacht, an den Abstieg und brachten die Gruppe in zwei Teilen wieder zurück ins Tal. Auf dem Weg über den Gepatschferner zeigte sich, nun bei besten Wetterbedingungen, einmal mehr wie tückisch Verfrachtungen von Neuschnee einen Gletscher machen können und wie wichtig dann eine funktionierende Seilschaft ist! Nach spannenden Tourentagen mit vielen intensiven Erlebnissen gelangten alle sicher und zufrieden zurück in die Talzivilisation.

Auch wenn die großen Namen aufgrund der Bedingungen nicht in unseren Tourenbüchern gelandet sind, schauen wir auf schöne, ereignisreiche und bisweilen auch sehr fordernde Tage zurück. Gelernt haben wir auf jeden Fall, dass es sich auch unter widrigen Bedingungen lohnt den einmal eingeschlagenen Weg im Auge zu behalten und die Grenzen verantwortlichen Handelns nicht zu überschreiten.

Zu guter Letzt möchte ich mich noch für die freundliche Aufnahme durch die Gruppe bedanken und ganz besonders bei Klaus und Markus für die Planung Durchführung und Unterstützung während dieser schönen und abenteuerlichen Tage.

Freddy